Ziehen wir an einem Strang???

Zum Wohle des Verbrauchers?

 

 

Ein verantwortungsvoller Imker und Hauptakteur bei der Interessengemeinschaft JKK -Naturschutz ohne Verlierer-, der Rainer Korten, schrieb für die Dezember-Ausgabe 2015 der verbandseigenen Imkerzeitung "Die neue Bienenzucht" (DNB) einen Artikel, um andere Imker zu informieren und zu sensibilisieren.

Der Vorstand unseres eigenen Landesverbandes lehnte den Abdruck dieses Artikels, in unserem eigenen, "Verbands-Sprachrohr", ab.

 

Nachfolgend möchte ich euch diesen Artikel (nach Rücksprache mit Rainer) zum Lesen geben.

 

Mittlerweile wurde der Artikel, mit aktualisierten Daten, 2016 in der Zeitschrift DNB abgedruckt.

Mitglieder der IG JKK und wissenschaftliche Mitarbeiter der LMU bei einem Besuch im Institut für Lebensmittelsicherheit der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Mitglieder der IG JKK und wissenschaftliche Mitarbeiter der LMU bei einem Besuch im Institut für Lebensmittelsicherheit der Ludwig-Maximilians-Universität München.

 

„140µg PA/kg Honig als Orientierungswert –Was heißt das eigentlich?“  

 

 

Das Thema „Jakobskreuzkraut“ hat nicht nur die Schleswig-Holsteiner Imkereien auch im Jahr 2015 weiterhin im Griff und wird uns auch im nächsten Jahr beschäftigen, sondern wir rechnen auch 2016 mit ersten Analysen von Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Muskelfleisch und Organen von Tieren.

An der Entwicklung einer Analysemethode zum Nachweis von PA oder seinen Abbauprodukten im Muskelfleisch und Organen von Tieren arbeitet die “Interessengemeinschaft Jakobskreuzkraut” (IG JKK) eng mit ihrem Kooperationspartner dem Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit der Tierärztlichen Fakultät der LMU München zusammen.

 

Bei der Bewertung der Giftigkeit der im Jakobskreuzkraut vorkommenden Pflanzengifte „Pyrrolizidinalkaloide“ (PA) möchte ich den Lebensmittelchemiker Udo Pollmer aus einem Beitrag des Jahres 2011 für das Deutschlandradio zitieren.

 

Im Vergleich zu handelsüblichen Pestiziden sind Pyrrolizidine Ultragifte. Nimmt man die Toxizität der in den Medien umstrittenen Pflanzenschutzmittel als Maßstab, wie Atrazin oder Glyphosat, das ist der Wirkstoff des Herbizids Roundup, dann braucht man von dem Zeug schon ein paar Gramm pro Kilo Körpergewicht, um ein Säugetier zu töten. Pyrrolizidine sind tausendmal giftiger, kein Pestizid kann mit dem Kreuzkraut mithalten. Sie sind ebenso wie DDT kumulative Gifte. Und sie werden wie Chlorpestizide auch über die Muttermilch ausgeschieden und erreichen so den Säugling.

 

Der Imker ist als Lebensmittelunternehmer verantwortlich dafür, dass die von ihm in  Verkehr gebrachten Lebensmittel sicher sind. In einem Erlass aus dem Februar diesen Jahres über den Umgang mit Honig, in dem Pyrrolizidinalkaloide (PA) nachgewiesen wurden, hat das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) des Landes Schleswig-Holstein die Verantwortung auf die Imkereien abgewälzt. In dem Erlass wird erstmals ein Richtwert von 140 µg PA/kg Honig aufgenommen, ab dem der Verzehr von Honig gesundheitsgefährdend sein soll. Dieser Wert basiert auf statistischen Daten, die aber die Realität in keinster Weise darstellen.  

Wir müssen uns also mit dem Thema auseinandersetzen, weil das Pflanzengift in unserem Honig nachgewiesen wurde. Dabei können wir nicht davon ausgehen, dass ein Honig mit einer PA-Belastung mit geringeren Werten als 140 µg PA/kg Honig als unproblematisch eingestuft werden kann. Nicht ohne Grund gibt es bislang einen Grenzwert für PA nur in Medikamenten und nicht in Lebensmitteln! Die USA hat es sogar abgelehnt einen Grenzwert für PA-haltige Medikamente festzulegen und diese vom Markt genommen!

 

Im Rahmen einer Pressekonferenz hat die Stiftung Naturschutz nun die ersten Ergebnisse ihre Projektes “Blüten für Bienen” vorgestellt. Dabei wurden 200 Sommerhonige auf Pyrrolizidinalkaloide (PA) im Jahr 2015 untersucht. Im Ergebnis wurden in ca. einem Drittel der untersuchten Honige PA festgestellt. Weiterhin wurde festgestellt, dass nur einige Honige mit einer höheren PA-Belastung als 140 µg PA/kg Honig für den Verzehr nicht geeignet sind. Dieser Wert basiert auf einem statistischen Honigkonsum eines Erwachsenen (14-80 Jahre) in Deutschland von 3 Gramm Honig pro Tag (ca. eine Messerspitze Honig!!).

 

Der statistische Honigkonsum wurde ermittelt durch eine Befragung von sogenannten Honigverzehrern und Nicht-Honigverzehrern im Rahmen einer nationalen Studie (NVS II/ Dietary History). Die erwachsene Bevölkerung verzehrt täglich als Durchschnittsverzehr 0,05 g Honig pro kg Körpergewicht bzw. im Vielverzehr 0,28 g pro kg Körpergewicht (bezogen auf ein Standard-Körpergewicht von 60 kg: 3 g pro Tag bzw. 17 g pro Tag)

Der maximale Verzehr der Honigesser, ermittelt aus 2 Befragungstagen, lag bei 0,88 g pro kg Körpergewicht (bezogen auf ein Standard-Körpergewicht von 60 kg: 53 g pro Tag).

Das hört sich kompliziert an, ist es aber auch. Denn es gibt in den statistischen Bewertungen Durchschnittsverzehrer und Vielverzehrer, mal mit Markentreue und mal ohne Markentreue. Da wir als Imker und Imkerinnen aber eher unseren selbst produzierten Honig essen und eher mehr Honig essen als der sogenannte Durchschnittsverzehrer gehören wir zu den markentreuen Vielverzehrern und damit zur Risikogruppe. Der vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) des Landes Schleswig-Holstein immer wieder beschriebene Richtwert bzw. seit neuestem auch Orientierungswert von 140 µg PA/kg Honig kann für uns nicht gelten. Er gilt nur dann, wenn ein Imker für ein 500 Gramm Honigglas, belastet mit 140 µg PA/kg Honig, bei täglichem Honigverzehr über 5 Monate braucht. So einen Imker kenne ich nicht!

 

Das Bieneninstitut Celle hat in seiner Information Nr. 53 ebenfalls gerechnet und geht dabei aber mit realistischeren Zahlen als das MELUR davon aus, dass bei einem Honigkonsum von 20 Gramm Honig pro Tag und einem Körpergewicht von 60 kg der Richtwert bei max. 21 μg PA/kg Honig liegt, bei einem Konsum von 10 Gramm bei 42 μg PA/kg Honig.

 

Bei der beschriebenen Giftigkeit des Pflanzengiftes, den unterschiedlichen Honigverzehrmengen und Belastungswerten ist es nicht einfach für uns Imker, einen PA-haltigen Honig als verzehrfähig oder nicht verzehrfähig einzustufen.

 

Als Hilfestellung dabei kann eine Auswertung auf Basis von Honiguntersuchungen des Jahres 2014 aus dem Kreis Ostholstein dienen. Der Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit der LMU München und der Fachdienst Lebensmittelgesundheit des Kreises Ostholstein haben eine Berechnungsgrundlage (siehe Bild 1) erstellt. Dabei werden die Honigverzehrer “Kinder” (2-5 jährige Kinder, 16 kg) und “Erwachsene” mit unterschiedlichen Honigverzehrmengen gegenübergestellt. Auf der Basis einer Empfehlung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dass die tägliche Aufnahme eines erwachsenen Menschen mit einem Körpergewicht von 60 Kilogramm nicht mehr als 0,42 µg PA betragen sollte, ergeben die gelb hinterlegten Werte Überschreitungen dieser Empfehlungen.

 

PA-Belastungen 2014 in Sommerhonigproben in OH



Beispielsweise würde ein 16 kg schweres Kind, welches täglich ein Honigbrot mit 6,5 Gramm Honig isst, belastet mit 19,3 µg PA/kgHonig (Standort Gömnitz) schon über der Empfehlung liegen. Ein Erwachsener und guter Honigesser mit 3 Honigbroten (40 Gramm Honig am Tag), belastet mit 12,3 µg PA/kg Honig (Standort Eutin) liegt ebenfalls schon über der Empfehlung. Und was ist mit dem Honig im Tee und dem mit Honig gesüßten Müsli? Diese Mengen müssen ebenfalls in die Bilanz eingehen.

 

Hier wird auch die Absurdität eines Orientierungswertes von 140 µg PA/kg Honig auf der Basis einer angesetzten Honigverzehrmenge von 3 Gramm pro Tag für einen Erwachsenen deutlich. Es lagen ja, nach Aussage der Stiftung Naturschutz, nur 5 Honigproben von 200 untersuchten Honigproben oberhalb des Orientierungswertes von 140 µg PA/kg, dann ist doch alles gut, oder ???

 

Der Lehrstuhl für Lebensmittelsicherheit der Tierärztlichen Fakultät der LMU München, Prof. Manfred Gareis, hat in Kooperation mit der Interessengemeinschaft JKK im Frühjahr 2015 mit dem Modell einer Projektmitfinanzierung als Crowdfunding eine wissenschaftliche Studie mit dem Titel “Vorkommen von Pyrrolizidinalalkaloiden in regional erzeugten Imkerhonigen und Konsequenzen für den Verbraucherschutz” begonnen. Im Rahmen einer Dissertation sollen ungemischte Honige lokaler Anbieter im Zeitraum 2015 und 2016 untersucht werden und eine Risikobewertung mit realistischer Gefahreneinschätzung für Verbraucher regionaler Produkte, Imker und deren Familien und Vielverzehrer erarbeitet werden. Im Jahr 2015 wurden von über 300 Bienenvölkern im Kreis Ostholstein Honigproben direkt aus den Bienenvölkern entnommen. Im Rahmen des Crowdfunding wurden bislang 6.300,- € an Spenden für das Projekt an die LMU München überwiesen.

 

Wir werden von der Interessengemeinschaft JKK, die sich derzeit landesweit mit anderen Interessengruppen gegen das JKK vernetzt (siehe http://imker-ploen.de/IMKEREI/JAKOBSKREUZKRAUT), weiter an diesem Thema arbeiten. Auch in Berlin ist das Thema angekommen. Vom 2.-3.  Dezember veranstaltet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin eine 2-tägige Tagung zum Thema „Pyrrolizidinalkaloide - Herausforderungen an Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ an der wir ebenfalls teilnehmen werden.

 

 

Rainer Korten

IG JKK

-Naturschutz ohne Verlierer-

 

Unsere Transparenz! Gekennzeichneter Honig mit geringer PA-Belastung (17µg) Hier zeigt sich, wie wenig an Honigmenge es ist, schon bei dieser geringen Belastung an PA´s; wohl gemerkt Gesamtaufnahme!
Unsere Transparenz! Gekennzeichneter Honig mit geringer PA-Belastung (17µg) Hier zeigt sich, wie wenig an Honigmenge es ist, schon bei dieser geringen Belastung an PA´s; wohl gemerkt Gesamtaufnahme!